Bewohnt seit Tausenden von Jahren, spielte die Samaria-Schlucht eine wichtige Rolle als Ort, wohin man sich vor den Unterdrückungen fremder Eindringlinge flüchten konnte. Durch ihre geografische Lage inmitten der Weißen Berge und dadurch, dass sie leicht verteidigt werden konnte, war sie für diese Zwecke wie geschaffen.
Terrakotta-Fragmente und ein paar Opfergaben, die man bei der Kapelle des Heiligen Nikolaos entdeckte, deuten darauf hin, dass es in der Nähe ein Apollo-Heiligtum gab, aber mehr weiß man nicht darüber.
Die antike Stadt Tarra,
die an der Stelle des heutigen Agia Roumeli stand, ist besser dokumentiert:
sie war eine der 100 Städte, von denen uns Homer berichtet.
Archäologische Ausgrabungen beweisem, dass Tarra bis auf die späte minoische
Epoche zurückging (es gibt eine Steinsäule mit einer Doppelaxt im Museum
Chania).
Tarra hatte eine Allianz mit anderen antiken Städten der Südküste gebildet,
prägte eigene Münzen und exportierte Holz nach Altägypten, Mykene, Knossos
und Troja, wo es zum Bau von Palästen und Schiffen verwendet wurde.
Vor allem in der römischen Besatzungszeit war die Stadt bekannt, obwohl
sie 66 n.Chr. zerstört wurde, als sich die Südwestküste Kretas um über
3 m anhob.
Tarra lag auf der Seehandelsroute zwischen Rom und Ägypten bzw.dem Osten
und dies trug weiter zu seinem Wohlstand bei. Der Niedergang der Stadt
begann im 6. Jh. n.Chr., als der Weizenhandel zwischen Ägypten, Rom und
Konstantinopel weniger wichtig wurde.
Während der Zeit des Wohlstands wurden die Einwohner Tarras Schiffseigentümer
- sie bauten ihre Schiffe mit eigenem Bauholz - und betrieben Piraterie.
Diese Aktivitäten wurden im 7. Jh. eingestellt.
Zu den möglichen Gründen für den Niedergang Tarras zählten Überfälle und
Plünderungen durch die Araber, eine Änderung von Seerouten und Erdbeben.
Das
Dorf Samaria wurde zuerst in der byzantinischen Epoche bewohnt. Im 14.Jh.
zogen Mitglieder der Familie Skordilis aus Chora Sfakion ins Dorf. Es
geht die Sage, der Grund für diesen Umzug gehe darauf zurück, dass der
Kommandant der venezianischen Wache in Sfakia versucht habe, die schöne
"Chryssomaloussa" (etwas wie "Goldlocken") zu küssen, und als diese sich
wehrte, habe er einen ihrer Zöpfe mit dem Schwert abgehackt. Um diese
Beleidigung zu rächen, hätte der Skordilis-Clan die gesamte venezianische
Garnison und ihren Kommandanten ausgelöscht.
Die Venezianer versuchten daraufhin, in die Schlucht vorzudringen, um
die Familie Skordilis zu bestrafen - vergeblich. Letztendlich mussten
sie halbherzig Frieden schließen und die schöne Chryssomaloussa wurde
Nonne im Konvent der Heiligen Maria von Ägypten (Ossia Maria) in Samaria.
Während der gesamten venezianischen Besetzung war die Schlucht Zuflucht
für Widerstandskämpfer. Nach einem fehlgeschlagenen Aufstand 1570 ordnete
der Befehlshaber Marino Cavalli die Zerstörung Sfakias an.
In
den frühen Jahren der Kämpfe gegen die Türken fanden einige der wichtigsten
Ereignisse in der Geschichte Kretas in der Umgebung der Samaria-Schlucht
statt. 1770, während des Aufstands, der von Daskalogiannis aus Anopolis
geführt wurde, verschanzten sich 4000 Frauen und Kinder, die von den blutdürstigen
Türken verfolgt wurden, in den Bergen, vor allem der Samaria-Schlucht.
Sie wurden durch den zähen Widerstand des Giannis Bonatos gerettet, dessen
200 Männer die Eiserne Pforte hielten und die Türken schließlich zum Rückzug
zwangen.
1821 erhob sich ganz Griechenland im Protest, im Falle Kretas erfolglos,
und einmal mehr wurden die besiegten Revolutionäre zurück in die Schlucht
getrieben. Wieder waren alle Bemühungen der Türken, sie gefangen zu nehmen,
erfolglos.
Im großen Aufstand von 1866 waren Omalos, die Samaria-Schlucht und Agia
Roumeli Versammlungs- und Rückzugsorte. Vorräte wurden vom griechischen
Festland geschickt. In Agia Roumeli entstand sogar eine Übergangsregierung.
1866 sandte Mustafa Pasha 3 Kriegsschiffe, um Nahrungsvorräte, militärische
Lagerhäuser und die Küste bei Agia Roumeli zu bombardieren, wo sich viele
versammelt hatten in der Hoffnung auf eine Schiffspassage zum Festland.
Die erste türkische Besetzerwelle wurde nach mehrtägigem Kampf abgeschmettert.
Im Juli 1867 landete Omar Pasha 4000 Truppen und die Kreter waren gezwungen,
sich in der Schlucht zu verschanzen, nachdem sie soviel wie möglich Vorräte
und Munition mitgenommen und den Rest in Brand gesetzt hatten. Wieder
scheiterten die Türken, die Schlucht in Besitz zu nehmen und steckten
stattdessen Agia Roumeli in Brand.
1869 war ganz Griechenland wieder in türkischer Hand, außer einzelne Gebiete
wie der Samaria-Schlucht.
Während der deutschen Besetzung im 2. Weltkrieg spielte die Schlucht wieder eine wichtige Rolle, da dort Partisanen und alliierte Geheim-Einheiten per Funk Informationen zu ihren Hauptquartieren im Mittleren Osten übermittelten. Die Deutschen versuchten mehrmals erfolglos, die Funkausrüstung zu ergattern.